Verhandlungen der allgemeinen Ritterschaft über den, mittelst allerhöchsten De krets vom 1. Marz dieses Jahres, den Standen mitgetheilten Entwurf der Der- fassungsurkunde für das Königreich Sachsen. (Fortsetzung der in Ko. IS. abgebrochenen Mttheilung.) Um die einzelnen Paragraphen des siebenten Abschnittes begutachten zu können, mußte zuvor die wichtige Frage erörtert werden, ob die Ständcversammlung des Königreichs Sachsen eine oder zwei Kammern bilden solle. Für das Einkammersystem wurde angeführt, daß in einem kleinen Lande die Nothwendigkeit zweier Kammern nicht vorhanden sey, daß, wie der Entwurf der Verfassung dies deutlich beweise, es an hinlänglichen Bestandtheilen zur Zusammensetzung einer ersten Kammer fehle, und daß der Wunsch des Volkes sich mehr für eine als für zwei Kammern auszusprechen scheine. Es sey da her zweckmäßig, nach dem Beispiele Ehurhessens die Volksvertretung in einer Kammer zu vereinigen und diejenigen, welche vermöge besonderer staatsrechtlicher Verhältnisse auf den Eintritt in die erste Kammer Ansprüche hatten, durch Virilstimmen zu entschädigen. Dagegen wurde von Andern die Beibehaltung der im Verfassungsentwurf angenommenen zwei Kammern gewünscht, weil das Königreich Sachsen, obgleich von geringem Umfange, dennoch über eine Million Einwohner besitze, und daher zu den Staaten des dritten politischen Ranges zu rechnen sey. Die Art und Weise, wie die ständische Vertretung in noch kleinem Staaten, z. B. im Großhcrzvgthum Weimar statt finde, sey daher bei uns nicht anwendbar. Das Beispiel Churhessens könne aus dem Gmnde nichts beweisen, weil die Verfassung dieses Landes neu, und durch die Erfahrung noch nicht bewahrt sey. Zwei Kammern habe man nicht nur in den meisten deutschen, sondern auch in den übrigen europäischen, ja selbst in den amerikanischen Staaten angenommen, und die Geschichte lehre, daß die auf das Einkammer system gegründeten Verfassungen sich gemeiniglich keiner langen Dauer erfreut hätten, wahrend die Dop peltkammern Großbritanniens und Frankreichs noch immer als konstitutionelle Muster vorleuchteten. End lich sey noch der Vortheil einer zwiefachen Berathung zu berücksichtigen, wodurch der überwiegende Einfluß einzelner Manner ein Gegengewicht erhalte, was um so nothwendiger sey, jemehr man wünschen und hof fen müsse, daß den Standen das Recht der Initiative eingeraumt werden möge. Nach Erwägung dieser Gründe entschied sich die Curie ohne vorgängige Abstimmung für das Zweikammersystem.