der VON BERNHARD BERG Zeichnungen von Wallenburger Cheri fuhr im Lift zur Seidenabteilung. Ibn überkam plötzlich das Verlangen nach mattfarbenen Chauvardstoffen wie sie Mee trug, bevor sie aus der Form geriet. Nachdenklich bummelte er durch die Ladentischreihen. Eine pompöse' Dekoration von kostbaren Chiffons be geisterte. „Welch eine Komposition!“ flüsterte er und mußte plötzlich an Mee denken. Für Mee war das alles nichts mehr. Mee liebte strenge Tönungen mit melancholischen Hintergründen, am lieb sten hoch am Hals ge schlossen und nach unten zu glockig verlaufend, was die Kompaktheit der Bein fesseln ein wenig milderte. Cheri seufzte. Die Last von zehn gemeinsam ver schwendeten Jahren fiel dumpf auf seine Gedan ken. „Unabänderlich“, monologisierte er. So ging er weiter. Plötzlich wur den Cheris Züge gespannt. Mit einer nervösen Bewe gung schob er sich das Monokel unter die rechte Braue. Da ging wer: eine Dame, die jung war und schlank und zwei Beine hatte, deren Wuchs Cheris Phantasie seltsam erregte. Ganz eingewiegt in den graziösen Schritt winziger Füße, tappte er hinterher. Ein saugendes Gefühl ent strömte seinem Körper; eine Empfindung des Hoch gerissenwerdens, der Be- schwingung, verbunden mit einem lau temperier ten Schwindel, der die Dinge und Geräusche nahe rückte wie in einem beginnenden Fieber schlaf. Mees trägblütige Korpulenz war nur noch der Schatten einer Erinnerung. Alles um Cheri herum bekam auf einmal neue Gesichter. Das wird was, summte es in Cheri. Sicherlich hat sie bezaubernde Hände. Er freute sich. Er lächelte den silbergrauen Fehmantel wie ein Gesicht an. Er vergaß Mee und die kleine, lang weilige Villa im Park Monceau. Er drückte den Spazierstock leichtsinnig unter die Achsel und bewegte sich fast Cheri folgte diesem graziösen Schritt winziger Füße