62 Aufstellung der ersten Kammer nach ihren Grundsätzen das Wohl des Vaterlandes gefördert sehen, denn nur die Beimischung des liberalen Princips und Systems kann nach Verhältnissen der Zeit und nach den Ideen und Wünschen der Mehrheit, der Besseren im Volke, die Erfüllung der Hoffnung versprechen, daß dem Vaterlande von der Constitution eine bessere Zukunft ausgehen werde. Will man aber eine vollaristo- kratische erste Kammer sich denken, wie sie in dem Entwürfe der Verfassungsurkunde durch den Beisatz unter 14. nicht angedcutet ist, und wie sie nur von Beibehaltung eines Kastengeistes ausgehen kann, der, wer wird das läugnen, den Bedürfnissen der Zeit nicht entspricht; so wird man darinnen nichts . finden, was die Bestimmung einer ersten Kammer würde erreichen lassen. Eine solche Kammer würde im schneidenden Contrast mit dem Standpunkt der Zeit stehen, würde unkräftig und unwirksam, unbeliebt seyn und bleiben, man würde in ihr eine Reliquie der Vorzeit erblicken, von der ein konstitutionelles Le- , ben und Wirken nicht erwartet werden kann. Denkt man sich eine solche dem Zeitgeist fremde Gestal tung einer ersten Kammer; so würde man es für rathsamer erkennen müssen, in diesem Fall eine Kam mer anzunehmen, auf sie zurückkommen, den Versuch mit ihr wagen müssen, und bei der Mitwelt und Nachwelt es verantworten können, wenn man in einer Kammer das Heil und Wohl für das Va terland zu erreichen suchte, das bei einer vollaristokratischen ersten Kammer unbedingt verfehlt werden muß. Fortsetzung des Auszugs aus dem Protocoll des ritterschastlichen weitern Aus- schußcollegii, in Betreff des neuen Verfassungs-Entwurfs. Nachdem man für angemessen gefunden, sich über die Zusammensetzung der 1. und 2. Kammer noch nicht bestimmt auszusprechen, vielmehr erst spater auf diese zurückkommen zu müssen glaubte; so bleibt der 60. bis mit dem 68. Paragraph zu einer anderweiten Berathung ausgesetzt, und wird daher bei §. 69., welcher §. die Bedingungen der Fähigkeit und Unfähigkeit zur Theilnahme an der Wahl- und zur Wähl barkeit enthält, fortgefahren; auch hierbei zu bemerken für nöthig erachtet, daß die Entscheidung über die Wählbarkeit wo möglich vor der Wahlhandlung erfolgen möchte, um ungültige Wahlen zu vermeiden. Bei §. 70. scheint die auf die Wahl der für die Abgeordneten zu ernennenden Stellvertreter sich beziehende, mit den Worten: „sonst ist letztere" anfangende, Stelle deutlicher gefaßt und besser gesagt werden zu mögen: „außerdem ist eine neue Wahl für den Abgeordneten wie für den Stellvertreter vorzunehmen." Bei §. 74. wird erinnert, daß die Zahl der nach jedem Landtage austretenden ritterschastlichen Deputieren sich andern müsse, wenn in Folge der diesseitigen Anträge die Zahl derselben in der zweiten Kammer vermehrt wer den sollte. (Fortsetzung folgt.) Leipzig, gedruckt Lei 2. E. Teubner.