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3 Holger Starke Von der Residenzstadt zum Industriezentrum. Die Wandlung der Dresdner Wirtschaftsstruktur im 19. und frühen 20. Jahrhundert Im 19. Jahrhundert entwickelte sich die Residenzstadt Dresden von einem überwiegend auf den lokalen und regionalen Markt ausgerichteten Verwaltungs- und Wirtschaftsstandort mit hohem Importvolumen zu einer konkurrenzfähigen Industrie- und Dienstleistungsmetropole mit be achtlichem ■Exportgrad. 1 * Nachdem die Industrialisierung im Dresdner Raum in den 1820er Jahren in ihre Vorbereitungsphase eingetreten war, gelangte sie in den 1850er Jahren zum Durch bruch. In der Folgezeit stieg die Stadt zu einem bedeutenden deutschen Verkehrs- und Wirt schaftszentrum auf. Nach der Reichsgründung setzte sich der Aufbau der Industrie in beschleu nigtem Tempo fort. Bis Mitte der 1880er Jahre kam es zu einer starken Verbreiterung der industriellen Basis; Dresdner Firmen konnten dauerhaft auf dem Weltmarkt Fuß fassen. Danach ließ ein starker Entwicklungsschub die Industrie bis zur Jahrhundertwende (gemessen an der Beschäftigungszahl) endgültig zur dominierenden Wirtschaftsform werden. Mit Entstehung und Konsolidierung der »neuen Industrien« sowie der Mechanisierung der wichtigsten Industrie zweige war die Herausbildung der neuen Dresdner Wirtschaftsstruktur am Beginn des 20. Jahr hunderts im wesentlichen abgeschlossen. Im Folgenden sollen diese Entwicklungsetappen kurz skizziert werden. 2 * Die industrielle Entwicklung bis zur Reichsgründung von 1871 In den 1820er Jahren, etwas später als in anderen Gegenden Sachsens, ist für Dresden der Beginn der Industrialisierung anzusetzen. Bis 1830 entstanden vorwiegend Firmen, die für den Konsum bedarf arbeiteten, u.a. die Zuckersiederei Calberla (1817/20), die Tafelwasserfabrik Struve (1820), die spätere Stadtsparkasse (1821), die Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik Jordan &Timaeus (1823), die Preßhefe- und Kornspiritusfabrik Dursthoff (1820, seit 1841 Bramsch), die Tintenfabrik Leonhardi (1826), die Feuerlöschspritzenfabrik Händel (1826), die Dresdner Gasanstalt (Bloch mann, 1827/28) und die Goldschlägerei F. Müller (1830). Nach Verabschiedung der wichtigsten Reformwerke bildeten sich die ersten Aktiengesellschaften, darunter die Leipzig-Dresdner- Eisenbahncompagnie (1835), Aktienbrauereien in Medingen und am Waldschlößchen (1836), die