Bruno Corra Drei Sünderinnen reiyunaerinnen BRUNO CORRA Aus dem Italienischen übertragen von ANNA SCHROTT Bruno Corra. Geboren 1892 in Ravenna. Studierte Literar- histortk in Bologna, Florenz und Rom. Seinen ersten literarischen Erfolg errang er mit 21 Jahren durch einen Band Gedichte: „Mit gläsernen Händen.’' ln der Folge veröffentlichte er zehn Romane und einen Novellenband. Er nahm teil an der futuristischen Bewegung und gründete mit Marinetti das futuristische synthetischeTheater. Persönlicher Freund von Mussolini, beteiligte er sich an der Ausbreitung des Faszismus. — Einer seiner Romane: „Die Blut trinken*, der Mussolini gewidmet ist, schildert die Nachkriegszeit und die Geburt des Faszismus. Sie waren alle drei schön und elegant. Ich hatte mich bemüht, ihnen durch Blicke und Worte nahe zu treten, hatte aber sofort verstanden, daß von keiner etwas zu erreichen sei. Sollten sie keusch sein? Meine Neugier zwang mich, Erkun digungen einzuziehen. Das tat ich beim Direktor dieses großen Hotels. Er war Italiener und dilettierte in Psychologie und Literatur. Er brachte mir einen meiner Romane — über und über mit Rand bemerkungen versehen, die Psychologie der darin handelnden Fraueti betreffend. — Er fand, daß ich zu gut über sie dächte. Jeden Morgen servierte er mir eigenhändig den Tee und während ich ihn im Bette liegend schlürfte, klärte er mich über die intimen Verhältnisse einer der dreihundert Personen auf, die mit * mir zugleich das Hotel bewohnten. Er beehrte mich mit seinen Indiskretionen und nur mich behauptete er, weil ich Italiener und Schriftsteller sei. Er sagte: „Herr Graf, wenn Sie wirklich die Men schen in ihrer Intimität kennen lernen wollen, dann verdingen Sie sich als Zimmerkellner in einem großen Hotel “ Ich befragte ihn über die drei Frauen, die mich interessierten. Er antwortete: „Nichts zu machen, Herr Graf! Ver lieren Sie nicht Ihre Zeit. Diese Frauen sind lasterhaft und schwer, wenn nicht unmöglich, zu erobern. Die kleine Blonde liebt ihre Gesellschaftsdame, Männer ver abscheut sie. Die Braune mit dem Pagen köpfe teilt die sittliche Anschauung ihres Bruders. Und die große Schwarze mit den hellen Augen ist die Geliebte ihres Chauffeurs, eines brutalen Menschen, der sie jeden Abend, vor- und nachher, schlägt.“ Ein starkes Geklingel im Korridor jagte ihn in die Flucht — entsetzt ließ er mich zurück. Das sollte ich von diesen drei ent zückenden Frauen glauben, deren außer gewöhnliche Intelligenz und Bildung ich in zehn Tagen kennen zu lernen Gelegen heit gehabt hatte! Als sie mich zwei Stunden später in sympathischer und herzlicher Weise am Strande begrüßten, sagte ich mir, daß der Direktor diesmal einen großen Bock ge schossen haben müsse, besonders, was die masochistische Manie Gabriellas betraf. Diese melancholische, blasse, immer dunkel gekleidete Frau mit dem glatt ge scheitelten Haar und den lichten Augen, errötete ja, und schlug die Augen nieder (sie hatte ihre fünfunddreißig Jahre hinter sich) wenn ein Mann sie schärfer ins Auge faßte! Gegen Mitternacht traf ich alle drei auf der Hotelterrasse. Und ihre Dame de compagnie — Frau Elisa? Sie ging auf ihr Zimmer — „Wie geht es Ihrem Bruder — Frau Fiorenza?“ „Er liegt. Er fühlt sich nicht wohl; er hustet.“