SÜDWESTAFRIKA WIEDER WURDE IN BERLIN EINS DER DENKMALE enthüllt, die kultivierten Menschen die Tiergartengegend verleiden. Diesmal war Roon das Opfer. Der übliche Pomp; die übliche Phrasenparade. Von Roon hatte selbst Ranke, der doch kein mißvergnügter Frondeur war, gesagt: „Als ein großer Mann kann er überhaupt nicht gelten. Aber er war brauchbar und dem König sehr hilfreich, um seine Ideen durchzuführen; wacker im Streit, in der Konversation nicht ohne Geist.“ Doch wer in Stein gemetzt ist, muß ein großer Mann sein; wenigstens am Tage der Denkmalsenthüllung. Herr von Einem, der, als Kriegsminister, die Feierrede hielt, wußte, was er der Weihestunde schuldig war. „Der große Kaiser“. Roon steht neben Scharnhorst und Boyen; „in der Reihe der Dritte, aber wahrlich nicht der Letzte.“ Trotzdem er nur „die für die Armee gehegten Pläne seines Königs aus geführt hat“. Sein größtes Verdienst: daß er Bismarck fand und den verzweifelnden König überredete, den gehaßten Junker an die Spitze der Regierung zu stellen, wurde natür lich nicht erwähnt. Paßt auch nicht in die herrschende Handlangerlegende. „Kaum eine andere Nation hat eine Stätte so glorreicher Erinnerungen aufzuweisen.“ Und so weiter. Der Grundgedanke: Roons sorgliche Voraussicht hat die stete Bereitschaft des Heeres gesichert, hat bis ins kleinste alles so unverrückbar fest organisiert, daß die preu ßische, die deutsche Armee immer gerüstet war, „für die Ehre, Würde und Unabhängigkeit des Vaterlandes die höch ste Kraft einzusetzen“; und dieses heilige Vermächtnis . . . Das wurde mittags gesprochen; vom Kriegsminister vor den Ohren des Kanzlers, des Generalstabschefs, des Staatssekre tärs im Reichsmarineamt. Am Abend desselben Tages lasen wir die offiziös verbreitete Botschaft: leider sei es unmöglich, die zur Niederwerfung des Aufstandes nötige Truppenzahl nach Südwestafrika zu schicken, denn die Landungsverhält nisse seien in Swakopmund so schlecht, daß die Soldaten nicht vor den letzten Januartagen an Land kommen könnten;