EPILOG: VERSAILLES 1919 ACHTUNDZWANZIGSTER JUNI; FÜNFTE NACH- mittagsstunde. Zwischen je zwei Regenböen eines Sonnen reiches kurze Herrlichkeit. Dicht am Berliner Kurfürsten damm, auf Wilmersdorfer Gelände, zwei Tennisturniere. Weiße Blusen, Röcke, Hosen. In der Mitte, auf hoher, von dünnen Holzbeinen getragener Kanzel, der Kampfrichter. Keine Lücke in dem Zuschauergedräng um den Zaun. Viel Jugend. Kräftig schlanke Männer, die nicht nur der Mützen randstreif über den Brauen als Offiziere, bedienstete oder ausgeschiedene, erweist. Mädchen und Frauen in munterem Eifer. Jetzt ein Aufschrei der Freude; jetzt das Lippenzwit- schern ärgerlicher Enttäuschung. Spieler und Gaffer in fast andächtigem Ernst der Sache hingegeben. Und in jeder Pause das fröhlichste Getümmel. „Bier gefällig?“ „Mit fremdem Racket noch alles Mögliche. Weiß der Deibel, wo meines verkramt ist.“ „Wann fängt denn die Austern prinzessin an?“ „Wenn’s nicht wieder gießt, morgen Marien dorf oder Stadion.“ Halb sechs. In Versailles ist die Unterzeichnungszere monie nun wohl zu Ende. Herr Dr. Bell, Rechtsanwalt aus dem Ruhrbezirk, und Herr Müller, der’s vom Parteisekretär bis zum Reichsminister für Auswärtiges gebracht, im Juli 1914 den Willen der deutschen Genossen zur Ablehnung jedes Kriegskredits den französischen Sozialisten angezeigt, im Juni 1919 auf dem Weimarer Parteitag den Friedensver trag einen „Schurkenstreich“ genannt hat, haben, als Ver treter der Reichsregierung, ihre Namen und das Siegel der Republik unter den Vertrag gesetzt. Ein dem Menschenblick groß scheinendes Stück deutscher Geschichte ist abge schlossen; fast aller seit Fritzens Polenteilung eingebrachte Gewinn verloren; Bismarck, wie Marxens reizbares Pro phetenhirn früh ahnte, in der Außenwelt Episode geblieben. An diesem Tag werden in der Hauptstadt des Deutschen Reiches Tennisturniere ausgefochten. Werden abends alle Possentheater, Singspielhallen, Kinos gestürmt. Ist auf Tanz-