BRACHMOND DRITTE BERATUNG DES REICHSHAU SH ALT GESET- zes. Der Abgeordnete Bassermann hat, in sehr sanftem Ton, gesagt, er teile die weithin verbreitete Meinung, daß unsere politische Lage sich nicht gebessert, sondern verschlechtert habe, und müsse fragen, „wie hoch heute die politische Be deutung des Dreibundes eingeschätzt werden könne“. Herr von Tschirschky und Bögendorff, Wirklicher Geheimer Rat, Staatssekretär imAuswärtigen Amt, macht sich während der Rede Notizen, war auf solche Frage aber wohl vorbereitet: denn er hat ein beschriebenes Zettelchen mitgebracht. Da nach greift er nun, erhebt sich vom Sitz und spricht: „Der Herr Abgeordnete hat zunächst von dem Telegramm Seiner Majestät des Kaisers an den Grafen Goluchowski gesprochen. Es ist selbstverständlich, daß dieses Telegramm an den aus wärtigen Minister Österreich-Ungarns von der Stelle aus gerichtet wurde, die in erster Reihe berufen ist, das Deutsche Reich dem Ausland gegenüber zu vertreten. Wenn Seine Majestät für diese Mitteilung die Form eines persönlichen Telegrammes gewählt hat, so ist er dazu ebenso berechtigt wie jeder andere Staatsbürger, dem das Recht der freien Mei nungäußerung zusteht. Der Herr Reichskanzler trägt gern die Verantwortung für den Inhalt dieser Depesche; aller dings nicht für das, was vielfach in diese Depesche hinein interpretiert worden ist.“ Noch lacht niemand. Der Mann redet ja zum erstenmal im Reichstag und ist vielleicht be fangen. Was er da vorbringt, bleibt freilich unter jedem halbwegs achtbaren Niveau. Nicht „selbstverständlich“, sondern höchst ungewöhnlich ist, daß der Deutsche Kaiser, kein Reichsmonarch, sondern der einem ewigen Bunde deut scher Fürsten präsidierende primus inter pares, dem Minister einer fremden Großmacht öffentlich Lob spendet und Gegen dienst zusagt. Daß er, dessen Kanzler gerufen hatte, in Algesiras solle es weder Sieger noch Besiegte geben, die Konferenz einer Mensur vergleicht und an den Grafen Age- nor Goluchowski telegraphiert: „Sie haben sich als brillanter